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  • Anette Schwohl

Frauenwestern oder Western mit Frauen?


Was ist der Unterschied?


In den letzten Tagen habe ich mir zwei Film-Western zu Gemüte geführt, die von Frauen in der Hauptrolle besetzt sind:

„Die Unbeugsame – Jane got a gun“ von 2015, Regie: Gavin O´Connor, mit Natalie Portman und

„Die Frau, die vorausgeht“ von 2018, Regie: Susanna White, mit Jessica Chastain.


Beide Western beeindrucken durch ihre Schauspielerinnen, in beiden gibt es fantastische Landschaftsaufnahmen, die Geschichten um die Protagonistinnen sind vielschichtig. In „Die Unbeugsame“ wird in vielen Rückblenden erzählt, so dass sich der Zuschauer*in erst allmählich die ganze Geschichte mit den Hintergründen und Motivationen der Figuren aufblättert. Im Film „Die Frau, die vorausgeht“ wird die Geschichte gradlinig erzählt.


Synopsis „Die Unbeugsame“: Der Hauptstrang der Geschichte spielt 1871 in New Mexico. Jane betreibt mit ihrem Mann eine kleine Farm – alles scheint idyllisch. Da taucht ihr Mann Ham von Kugeln durchlöchert auf, die Bishop-Bande ist hinter ihnen her. Hinter Ham, der einst Mitglied dieser brutalen Bande war und hinter Jane, die von John Bishop ehemals zur Prostitution gezwungen worden war. Jane bringt ihre Tochter in Sicherheit, bewaffnet sich und holt sich ihren ehemaligen Verlobten Dan Frost zur Unterstützung. Auf John Bishop sind 5.000 $ ausgesetzt – eine weitere Motivation, sich gegen ihn zur Wehr zu setzen.

Während die Beiden die Farm wie ein Fort sichern und drinnen der Ehemann langsam vor sich hin stirbt, arbeiten Jane und Dan ihre Geschichte in etlichen Rückblenden auf. Das Ganze endet in einem fürchterlichen Massaker, bei dem etliche Menschen sterben – auch Janes Mann und John Bishop. Jane kassiert das Lösegeld und zieht mit Dan und ihrer Tochter (und auch mit ihrer ersten, tot geglaubten Tochter) in eine neue Zukunft.

Tja, was soll ich sagen? Gut gemacht, gut unterhaltend, aber ziemlich langweilig und konventionell, weil auch ziemlich vorhersehbar. Happy-endiger kann ein Film kaum sein.


Dagegen steht für mich der Frauenwestern „Die Frau, die vorausgeht“.


Synopsis: Die Filmgeschichte beginnt 1889 in New York. Die Malerin Catherine Weldon beschließt nach angemessener Trauerzeit um ihren Mann ihrem Leben eine neue Wendung zu geben. Sie hat bereits bekannte Persönlichkeiten und Politiker porträtiert und will nun den bekannten Indianerhäuptling Sitting Bull malen, der mittlerweile müde von den Kämpfen und Auseinandersetzungen in North Dakota Kartoffeln züchtet. Catherine weiß, was sie will und setzt sich gegen die Standing Rock Agency, ein Stützpunkt des Bureau of Indian Affairs, einer Abteilung des amerikanischen Innenministeriums durch, die alles daran setzt, diese selbstbewusste Frau loszuwerden.

Catherine begleitet Sitting Bull über eine geraume Zeit und gewinnt sein Vertrauen. Ihn beeindruckt ihre selbstsichere Art und gibt ihr den indianischen Namen „Die Frau, die vorausgeht“. Sie malt das Bild und wird in die blutigen Auseinandersetzungen zwischen den Einheimischen Indianern und der Agency hineingezogen. Sie entscheidet sich für die Seite der Indianer und muss mit ansehen, wie Sitting Bull getötet wird.


Das Vorbild für diesen Frauencharakter war die Malerin Caroline Weldon, die ein Porträt von Sitting Bull angefertigt hat, dass wir heute noch kennen; ein prächtig geschmückter Häuptling mit der Friedenspfeife in den Händen.


Für mich besteht tatsächlich ein großer geschlechterspezifischer Unterschied zwischen diesen beiden Filmen. Während „Die Unbeugsame“ von Anfang an durch viel Gewalt gekennzeichnet ist, wird bei der „Frau, die vorausgeht“ wenig Gewalt dargestellt. Wir wissen als Zuschauer um die Blutbäder, mit denen die Sioux und Lakota zu Hunderten und Tausenden niedergemetzelt wurden. Die Regisseurin verzichtet darauf, das noch spektakulär in Szene setzen.


Es wird deutlich, dass in dieser Zeit ein Frauenleben von Männern bestimmt wurde. In „Die Unbeugsame“ bleibt dies auch während des gesamten Films so. Jane wird immer eine männliche Figur an die Seite gestellt – als Feind als auch als Beschützer.

„Die Frau, die vorausgeht“ geht selbstbestimmt allein durch ihr Leben und schafft es, sich zu behaupten. Ja, sie nimmt sich das Recht, den damals berühmtesten Häuptling porträtieren zu wollen.


Ich sehe in der Figur Jane aus „Die Unbeugsame“ den männlichen Blick auf einen weiblichen Charakter, in der „Frau, die vorausgeht“ einen weiblichen Blick auf die Protagonistin Catherine. Ich will nicht behaupten, dass es daran liegt, dass ersterer von einem männlichen Regisseur gedreht wurde und letzterer von einer RegisseurIN. Aber die Wahrnehmung darf erlaubt sein.


Ich kann Euch beide Filme empfehlen, wobei mein Herz allerdings eindeutig für „Die Frau, die vorausgeht“ schlägt.




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